Funktioniert der Spielerschutz in Deutschland?

Roulette Symbolbild

Seit Sommer 2021 gilt in Deutschland der neue Glücksspielstaatsvertrag, mit dem das Online-Glücksspiel besser reguliert werden soll. Doch was hat sich seither auf dem Markt verbessert? Sind Deutschlands neue Glücksspiellizenz und die dazugehörigen Vorgaben und Beschränkungen ein Erfolg im Kampf gegen Spielsucht? Oder zerplatzen die hoch angesetzten Ziele der Bundesrepublik wie ein umherfliegender Luftballon, der auf einen Kaktus trifft?

Der Glücksspielstaatsvertrag ist da – doch ist das eine gute Nachricht?

Als im Sommer 2021 nach schier unendlich langer Wartezeit endlich der neue Glücksspielstaatsvertrag eingeführt worden war, war das Aufatmen der Bundesregierung weit über die Grenzen Berlins hinaus zu hören. Während erfahrene Glücksspiel-Experten und professionelle Spieler bereits relativ früh Bedenken äußerten, ob die neuen Vorgaben in Hinblick auf das Online-Glücksspiel wirklich durchdacht sind, ließen die verantwortlichen Ministerpräsidenten schon vorab die Sektkorken knallen.

Wie so oft stießen kritische Stimmen auf taube Ohren. Denn hier war man sich sicher, dass man einen hervorragenden Plan entwickelt hatte, mit dem spielsuchtgefährdete Spieler nun besser geschützt werden könnten.

Viele erfahrene Glücksspiel-Experten hatten vor der Vorstellung des neuen Glücksspielstaatsvertrags die Hoffnung, dass Deutschland tatsächlich einige durchdachte Ideen vorstellen würde, mit dem das Online-Glücksspiel zwar sicherer würde, gleichzeitig aber nichts von seiner Attraktivität einbüßte. Wie man spätestens seit Sommer 2021 weiß, war der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn: Die Bundesländer haben zwar gleich mehrere Veränderungen und Anpassungen auf den Weg gebracht – wirklich effektiv sind die meisten davon allerdings leider nicht.

Maximal 1.000 Euro pro Monat – zumindest in der Theorie

Da wäre beispielsweise die Vorgabe, dass Spieler nur noch maximal 1.000 Euro pro Monat in Online Spielhallen einzahlen dürfen, um nicht Gefahr zu laufen, ihr gesamtes Einkommen zu verzocken. Die Marke 1.000 Euro wurde hier völlig wahllos gewählt, was vor allem erfahrene Spieler auf die Palme bringt. Wer Online-Glücksspiel nicht nur als Hobby betreibt, sondern monatlich Tausende Euro einzahlt und dennoch einen profitablen Gewinn erzielt, wird fortan dazu gezwungen, seine Ausgaben auf einen Bruchteil zu beschränken.

Auf der anderen Seite steht allerdings der nicht ganz so wohlhabende Spieler, der fortan ebenfalls nur 1.000 Euro pro Monat einzahlen kann. Für diese Spieler können Verluste in Höhe von 1.000 Euro allerdings schon den finanziellen Ruin darstellen. Sogar oft schon bei deutlich geringeren Einzahlungen. In der Theorie mag ein monatliches Einzahlungslimit zwar löblich sein, in der Praxis erweist es sich aber als undurchdacht.

Und es kommt noch schlimmer: Wie die vergangenen Monate nach der Einführung des Glücksspielstaatsvertrags gezeigt haben, scheint die neue 1.000-Euro-Grenze nicht einmal reibungslos zu funktionieren. Im Internet häufen sich Erfahrungsberichte von Spielern, aus denen hervorgeht, dass es problemlos möglich ist, mehr als 1.000 Euro pro Monat einzuzahlen. Vor allem Wettanbieter für Sportwetten scheinen es mit dem monatlichen Einzahlungslimit offenbar nicht ganz so ernst zu nehmen. Wer sich hier nicht selbst ein Einzahlungslimit festlegt, kann bei Interwetten, Bet365, Tipico & Co relativ problemlos größere Beträge als deutscher Spieler einzahlen.

Wie kann das sein? Man weiß es nicht. Doch kann man von einer Regierung, deren Kanzlerin vor noch gar nicht allzu langer Zeit verkündete, dass das Internet für sie Neuland sei, wirklich erwarten, Gesetze für eben jenes Internet zu entwickeln, dessen Nutzer sich mittlerweile längst nicht mehr an Vorgaben halten?

Spielersystem OASIS hat mit Kinderkrankheiten zu kämpfen

Bevor ich näher auf diese Entwicklung eingehe, möchte ich noch einen Blick auf die weiteren kreativen Ideen werfen, die sich die Bundesländer im Kampf gegen das wichtige Thema Spielsucht ausgedacht hat.

Da wäre etwa ein sogenannter Panik-Button, der fortan auf jeder Spielhallen- und Wettanbieter-Homepage mit deutscher Glücksspiellizenz eingebunden werden muss. Wird dieser betätigt, wird das Spielerkonto des Spielers automatisch und unverzüglich für 24 Stunden gesperrt. Und parallel dazu auch die eventuell parallel betriebenen Spielerkonten bei allen anderen Anbietern, die an das Spielersperrsystem OASIS gebunden sind. Mal davon abgesehen, dass der Name völlig bescheuert ist, da er an eine gleichnamige Britpop-Band erinnert, scheint zumindest das Prinzip des Panik-Buttons in der Praxis zu funktionieren. Nach der Betätigung ist der Account tatsächlich gesperrt. Weitere Einsätze sind innerhalb der kommenden 24 Stunden nicht möglich. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Anbietern klappt problemlos. Sperrt man sich beispielsweise für 24 Stunden bei Bet365, ist auch der Zugriff auf Interwetten oder Tipico erst einmal nicht möglich.

Alternativ hat man die Möglichkeit, sich auch über einen längeren Zeitraum hinweg selbst vom Spielen auszuschließen. Auch hier erfolgt ein automatischer Eintrag bei OASIS, welcher auch eine Registrierung bei anderen Online Casinos unterbindet.

Erst vor wenigen Wochen war auf einem öffentlich-rechtlichen Sender jedoch ein interessanter Bericht zu sehen. Darin wurde ein junger Mann vorgestellt, der unter akuter Spielsucht leidet. Obwohl er sich in der Sperrdatei OASIS eingetragen hat, gelang es ihm vor der Kamera problemlos, sich bei einem anderen Wettanbieter zu registrieren. Obwohl dieser ebenfalls mit der Sperrdatei zusammenarbeitet. Auch im Internet sind viele ähnliche Aussagen von Spielern zu finden, die eigentlich gehofft hatten, ihre Spielsucht durch die neuen Vorgaben endlich in den Griff zu bekommen. Stattdessen scheint es jedoch erhebliche Probleme bei der Umsetzung der selbigen zu geben.

Viele unsinnige Vorschriften verärgern langjährige Spieler

Sowohl das monatliche Einzahlungslimit als auch die Möglichkeit einer Selbstsperre sind sicher gute Ideen, die Spielern mit Hang zur Spielsucht bei ihrem Problem helfen können. Sofern sie denn funktionieren. Parallel dazu haben sich die Bundesländer allerdings auch einige Vorgaben ausgedacht, die augenscheinlich überhaupt keinen Sinn ergeben. So darf man in deutschen Online Spielhallen beispielsweise nur noch an Slots spielen. Klassische Tischspiele wie Poker, Roulette oder Black Jack sind fortan verboten. Machen Slots nun also weniger süchtig als Poker & Co? Wohl kaum.

Ebenfalls wenig Sinn ergibt es, dass man nach wie vor auf unzählige parallel stattfindende Sportereignisse wetten darf. Sogenannte Unterhaltungswetten jedoch fortan verboten sind. Unterhaltungswetten sind beispielsweise Wetten darauf, wer der nächste Bundeskanzler oder der nächste US-Präsident wird. Beide Ereignisse finden nur alle vier Jahre statt, während Fußball täglich und rund um die Uhr gekickt wird. Muss man das wirklich verstehen? Auch Wetten auf die Gewinner der nächsten Oscarverleihung sind für deutsche Spieler nicht mehr möglich. Mehrere Hundert Live-Optionen während eines Fußballspiels, die schnell zu mehrfachen Einsätzen verführen, sind hingegen weiterhin erlaubt.

Last but not least wären da noch zwei weitere Vorgaben, die vielen Casino-Fans die Hutschnur reißen lassen. Pro Spin an einem Slot darf man nur noch maximal einen Euro einsetzen und zwischen den einzelnen Drehungen müssen zudem mindestens 5 Sekunden vergehen. Vor allem letztere Regel ergibt einfach mal überhaupt keinen Sinn. Womit wir wieder bei der in puncto Internet unerfahrenen Politiker wären, die  vermutlich noch nicht eine einzige Sekunde in einem Online Casino gespielt haben. Fakt ist: Beide Vorgaben sind völlig undurchdacht und tragen nicht dazu bei, die Spielsucht von Glücksspielern zu bekämpfen. Sodass man davon ausgehen kann, dass man sich hier einfach schnell ein paar Regulierungen ausgedacht hat, die leider nicht einmal auf dem Papier, geschweige denn in der Praxis gut ankommen.

Viele Spieler schauen sich nach alternativen Casinos um

Kommen wir nun aber zum wohl größten Denkfehler, den die Bundesländer bei der Einführung der deutschen Lizenz gemacht haben. Offenbar waren sich die Ministerpräsidenten sicher, dass Spieler aus Deutschland am liebsten in einer Online Spielhalle mit deutscher Lizenz spielen möchten. Da man hier laut eigenen Aussagen besonders sicher und geschützt ist. Vielleicht dachte man sogar, dass man es Anbietern aus dem Ausland, die die besagte Lizenz nicht besitzen, verbieten könnte, Kunden aus Deutschland anzunehmen. Dies ist jedoch ein Irrglaube. Denn das Internet (immer noch Neuland) kennt keine Grenzen und ermöglicht seinen Usern mit wenigen Mausklicks die Nutzung von ausländischen Angeboten. Wer keine Lust auf die teilweise nervigen Vorgaben hat oder sich neue Wege suchen möchte, um seine Spielsucht auszutricksen, muss sich lediglich in einem ausländischen Online Casino registrieren, in dem deutsche Spieler nach wie vor willkommen sind. Hoher Beliebtheit erfreuen sich derzeit etwa Casinos aus Curaçao.

Curaçao Casinos pfeifen auf deutsche Glücksspielregeln

Curaçao Casinos genießen den Ruf, dass den Betreibern ohnehin einiges egal ist. Sie verfügen über eine Glücksspiellizenz aus Curaçao und sind damit absolut seriös. Man kann hier also auch als Spieler aus Deutschland bedenkenlos seine Einsätze tätigen. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Curaçao Casinos pfeifen auf die Vorgaben des deutschen Glücksspielvertrags. Wer sich hier registriert, kann problemlos mehr als 1.000 Euro im Monat einzahlen, problemlos mehr als einen Euro pro Spin einsetzen und ebenso problemlos Tischspiele wie Poker, Roulette & Co spielen. Viele Curaçao Casinos bieten ihre Homepage zudem in deutscher Sprache an. Sodass man nicht einmal der englischen Sprache mächtig sein muss. Eine Umstellung im Vergleich zu einem Casino mit deutscher Lizenz gibt es also nicht.

Die deutschen Bundesländer sehen es hingegen gar nicht gerne, wenn deutsche Kunden in Casinos aus Curaçao spielen. Angeblich sind nämlich nur Casinos mit deutscher Lizenz wirklich sicher. Die Wahrheit ist allerdings: Wenn Spieler bei Anbietern mit deutscher Lizenz spielen, sprudeln durch die Glücksspielsteuer auch die Einnahmen der Bundesländer. Bei Einsätzen in Curaçao Casinos verdienen hingegen nur der zuständige Betreiber und die kleine Karibikinsel. Nicht aber der deutsche Fiskus.

Dies bringt uns direkt zu einem verrückten Paradoxon. Auf der einen Seite möchte der deutsche Staat mit seiner eigenen Glücksspiellizenz ordentlich beim boomenden Glücksspiel-Markt mitverdienen. Auf der anderen Seite denkt man sich allerdings derartig strenge und teilweise völlig unsinnige Vorgaben aus, dass sich selbst die willigsten Spieler lieber nach einem alternativen Anbieter aus dem Ausland umschauen. Bei dem eben jene Vorgaben nicht zum Einsatz kommen. Letztendlich ist der neue deutsche Glücksspielstaatsvertrag vor allem eines: Ein undurchdachter Fetzen Papier, der in der Praxis diverse Risse und Schlupflöcher bietet, das so wichtige Problem Spielsucht aber nahezu kaum eindämpfen kann.

 

Bild: Pixabay

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